In Deutschland ist die Zahl der Psychotherapeuten mit Kassenzulassung viel zu gering. Wer einen zugelassenen Psychotherapeuten sucht, stößt fast immer auf viel zu lange Wartelisten. Bei manchen sind die Wartelisten so lang, dass sie gar keine neuen Patienten mehr daraufsetzen. Diese monatelangen Wartezeiten sind nicht zumutbar. Es gibt jedoch für Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen eine Möglichkeit, die Krankenkasse zum Bezahlen der Sitzungen bei einem Heilpraktiker für Psychotherapie zu bringen.
Grundsätzlich ist es Aufgabe der Krankenkassen, rechtzeitig für die notwendige Behandlung ihrer Versicherten zu sorgen. Ist die Krankenkasse dazu nicht in der Lage und sind den Versicherten für eine selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, muss die Kasse die Ausgaben erstatten. Eine selbst beschaffte Leistung kann die psychotherapeutische Behandlung in einer Privatpraxis bei einem Heilpraktiker für Psychotherapie sein. Das steht in § 13 Absatz 3 SGB V. Dieser Anspruch auf Kostenerstattung ist also gesetzlich geregelt und gilt gegenüber allen gesetzlichen Krankenkassen.
Um sicher zu gehen, dass die Kasse die Kosten für die psychotherapeutische Behandlung übernimmt, stellt man vorab bei seiner Krankenkasse einen Antrag. Dazu benötigt man kein Formular, sondern legt in einem Brief die Gründe dar, warum dringend eine Psychotherapie notwendig ist und dass dafür nicht rechtzeitig ein Therapieplatz bei einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten mit Kassenzulassung gefunden werden konnte. Dann bitten Sie die Kasse, der Behandlung zuzustimmen. Soweit so einfach. Doch kein Antrag ohne Papier und Belege. Zu einem solchen Antrag gehören deshalb vier Dinge:
-
das Anschreiben,
- eine Bescheinigung, dass eine psychotherapeutische Behandlung notwendig und unaufschiebbar ist,
- das Protokoll der vergeblichen Suche nach einem Therapeuten mit Kassenzulassung,
- die Bescheinigung, dass die Behandlung kurzfristig übernommen wird.
Der Antrag ist also durchaus aufwändig. Gerade psychisch kranken Menschen fällt es häufig schwer, die dafür erforderlichen Telefonate zu führen und die notwendigen Unterlagen zu beschaffen. Vielleicht können Angehörige und Freunde Sie dabei unterstützen.
Protokoll der vergeblichen Suche: Eine gesetzliche Krankenkasse ist nur verpflichtet, die Kosten für eine ambulante Psychotherapie zu erstatten, wenn die Behandlung sonst nicht rechtzeitig und nicht in zumutbarer Entfernung möglich ist. Grundsätzlich kann die Kasse von ihren Versicherten verlangen, sich ausschließlich von Psychotherapeuten behandeln zu lassen, die eine Kassenzulassung haben. Nur wenn dies nachweislich nicht möglich ist, kann sich der Versicherte auch an Privatpraxen wenden. Deshalb sollte ein Versicherter zunächst bei den zugelassenen Psychotherapeuten in der Nähe seines Wohnortes nachfragen, ob dort kurzfristig eine Behandlung möglich ist. Eine Liste der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten mit Kassenzulassung findet man auf den Internetseiten der „Kassenärztlichen Vereinigung“ seines Bundeslandes. Bei den „Kassenärztlichen Vereinigungen“ sind alle Ärzte und Psychotherapeuten Mitglied, die mit der gesetzlichen Krankenversicherung abrechnen dürfen. Als Versicherter sollten Sie möglichst viele Psychotherapeuten anrufen, mindestens aber drei bis fünf. Über die telefonische Suche sollte ein Protokoll geführt werden. In diesem Protokoll ist Folgendes zu notieren:
-
der Name des Therapeuten,
-
das Datum und die Uhrzeit des Telefongesprächs,
-
die Wartezeit auf einen Behandlungsplatz, die Ihnen genannt wird.
Wartezeiten über drei Monate gelten grundsätzlich nicht als zumutbar.
Versicherte brauchen schließlich noch eine Bescheinigung, dass eine Psychotherapie notwendig und unaufschiebbar ist. Eine solche Bescheinigung erhält man zum Beispiel von seinem Hausarzt oder auch von einem Facharzt. Aus fachlicher Sicht könnten selbstverständlich auch Psychotherapeuten die Dringlichkeit einer Behandlung bestätigen. Aber die Krankenkassen fordern dennoch häufig eine „ärztliche“ Bescheinigung.
Das Anschreiben an die Krankenkasse könnte schließlich so aussehen:
Anschrift des Versicherten
Anschrift der Krankenkasse Ort, Datum
Versichertennummer:
Antrag auf ambulante Psychotherapie und Kostenerstattung nach § 13 Absatz 3 SGB V
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit beantrage ich, dass Sie die Kosten, die mir durch die ambulante Psychotherapie bei Frau Alexja Neumann-Günzelmann entstehen, übernehmen und mir dies zusichern. Frau Neumann-Günzelmann ist Heilpraktikerin für Psychotherapie mit staatlicher Zulassung, verfügt aber nicht über eine Zulassung zur gesetzlichen Krankenversicherung.
Wie Sie meinem beigelegten Protokoll entnehmen können, habe ich mich mehrfach vergeblich bemüht, einen Psychotherapeuten mit Kassenzulassung zu finden, der mich rechtzeitig behandeln kann. Meine Psychotherapeutensuche ergab, dass ich mehr als … Monate auf einen ersten Termin warten müsste. Dagegen besteht die Möglichkeit, dass ich bei Frau Alexja Neumann-Günzelmann kurzfristig mit einer Behandlung beginnen könnte. Eine entsprechende Bescheinigung lege ich bei. Ich lege Ihnen des Weiteren eine Bescheinigung eines (Hausarztes/Facharztes/Psychotherapeuten) bei, der mir dringend eine ambulante Psychotherapie empfiehlt. Falls Sie meinem Antrag nicht zustimmen, nennen Sie mir bitte – so schnell wie möglich – einen zugelassenen Psychotherapeuten in der Nähe meines Wohnortes, bei dem ich kurzfristig einen Termin erhalte.
Mit freundlichen Grüßen
Wenn die Kasse ablehnt
Die gesetzlichen Krankenkassen scheinen in letzter Zeit zunehmend Anträge auf Kostenerstattung für eine ambulante Psychotherapie nach § 13 Absatz 3 SGB V abzulehnen. Die Bundespsychotherapeutenkammer kritisiert dieses Vorgehen, weil diese Krankenkassen ihrem gesetzlichen Auftrag nicht nachkommen, ihren Versicherten rechtzeitig eine Behandlung zu gewährleisten.
Erhält ein Versicherter eine ablehnende Antwort seiner Krankenkasse, kann er Widerspruch einlegen. Das Schreiben könnte folgendermaßen aussehen und kann ergänzt werden, wenn die Krankenkasse die Ablehnung mit mehr als allgemeinen Aussagen begründet hat:
Anschrift des Versicherten
Anschrift der Krankenkasse Ort, Datum
Versichertennummer:
Widerspruch
Ihr Schreiben vom …
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit lege ich Widerspruch gegen Ihr Schreiben vom [Datum einfügen] ein, mit dem Sie es ablehnen, die Kosten, die mir durch die ambulante Psychotherapie bei Frau Alexja Neumann entstehen, zu übernehmen. Meinem Antrag lagen die erforderlichen Unterlagen bei, aus denen hervorgeht, dass die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen.
Ich bitte Sie deshalb erneut, meinen Antrag zu genehmigen.
Sollten Sie dem Antrag nicht stattgeben, werde ich meinen Anspruch gerichtlich durchsetzen und die Aufsichtsbehörde sowie den Patientenbeauftragten der Bundesregierung informieren.
Mit freundlichen Grüßen